Beim traditionellen Erntedank-Turnier unseres Nachbarvereins mit neun Runden à 15 Minuten unter der bewährten Leitung von Thomas Hoffmann war ich zwar schon mehrfach in die Preisränge gekommen; gewonnen habe ich es aber noch nie. Und eigentlich waren die Voraussetzungen dieses Jahr besonders schlecht, denn ich hatte mich erkältet, und es wäre eigentlich vernünftig gewesen, auf das Turnier zu verzichten. Nach meinem großen Erfolg bei den Vellmarer Schachtagen mit einem kräftigen DWZ-Zugewinn war ich sogar nomineller Favorit, was den zu erwartenden Absturz noch steigerte. Und die Befürchtungen bewahrheiteten sich zunächst. Gegen meinen Vereinskameraden Jan Meise kam ich zwar gut aus der Eröffnung heraus, fand aber keinen überzeugenden Weg zur Verwertung. Plötzlich lief sein eigentlich harmloser Angriff wie von selbst und ich kam schrecklich unter die Räder. Beim Schweizer System sind solche Startrundenniederlagen doppelt problematisch, weil nicht nur der Punkt fehlt, sondern die folgende verschlechterte Auslosung auch die Feinwertung bei Punktgleichheit kaputt macht. Zwar gewann ich die nächsten drei Runden, hätte aber gegen Lothar Wuttke vom SK Duderstadt auch noch verlieren können, wenn er den eingestellten Turm genommen hätte. In der dritten Runde spielte ich gegen Bovendens jungen Nachwuchsspieler Moritz Kanbach. Diese Partie ist auch die einzige, die ich aufzeichnen konnte.
Die vierte Runde brachte einen kampflosen Sieg, da Michael Steinhof (SC SW Northeim) leider das Turnier kurzfristig verlassen mußte. In der fünften Runde bekam ich dann mit Oliver Preuß vom Ausrichter zum ersten Mal einen Spieler des erweiterten Favoritenkreises. Ich verhunzte die Eröffnung auf wirklich unsägliche Weise und stand mit zwei Minusbauern und einer passiven Stellung völlig auf Verlust. Als ich nach einem kleinen taktischen Versehen Olivers einen Bauern zurückgewann, bot er mir Remis an, was ich annahm. Denn ein kurzer Blick auf die Stellung genügte, um festzustellen, daß das entstandene Endspiel für mich immer noch völlig aussichtslos war.
Bislang standen eine überraschende Niederlage, zwei Siege gegen unterklassige Spieler – davon einer ziemlich glücklich –, ein kampfloser Gewinn und ein geschenktes Remis zu Buche. Über den Turniersieg machte ich mir da wirklich keine Gedanken. Warum ich den letzten vier Runden wie verwandelt spielte, ist mir ein Rätsel. Zunächst kam Thomas Post von Rochade Göttingen. Seinem merkwürdigen Verhalten nach zu urteilen, versuchte er, die Eröffnung zu improvisieren. Dabei landete er aber nur in einer bekannten Theorievariante, die ich im Turnierschach schon mit beiden Farben auf dem Brett hatte und die ich auch wesentlich besser verstand. Von der oben gezeigten Partie einmal abgesehen, war das mein leichtester Sieg. In den nächsten drei Partien lehnte ich jeweils Remisangebote ab, weil sie mir wegen meiner schlechten Wertung nichts nützten – und wurde jedesmal belohnt. Gegen meinen Angstgegner Mario Seifart vom Ausrichter konnte ich nach einem sehr spekulativen Angriffsversuch meine etwas bessere Königsstellung im Schwerfigurenendspiel zur Geltung bringen. Gegen Rita Nizamova von Rochade Göttingen gewann ich ein Endspiel ziemlich souverän, über dessen Einschätzung ich mir nicht ganz im Klaren war. Ich hatte sicherlich die bessere Bauernstellung, sie aber wohl die bessere Leichtfigur. Turmendspiele muß sie aber wohl noch ein bißchen üben. Gegen ihren Vereinskameraden Luca Uhlendorff kam eine völlig blockierte Stellung auf das Brett, in der ich keine Durchbruchsmöglichkeit fand. Nach langem Hin- und Herziehen hatte ich mich gerade mit dem Remis abgefunden, als er das x-te Aufheben einer Fesselung vergaß, und ich nach dem folgenden Bauerngewinn leicht gewinnen konnte.
So kam es nach dem Sieg im Schnellturnier der Sollingschachvereinigung zu meinem zweiten Schnellturniersieg dieses Jahr. Sehr schade, daß ich keine der Partien der letzten vier Runden habe, um einen ebensolchen Bericht zu schreiben.
Die weiteren ESVer schnitten wie folgt ab: Jan Meise wurde mit fünf Punkten und der deutlich besten Buchholzzahl aller Teilnehmer achter, Bert Sieber mit derselben Punktzahl elfter. Unsere beiden jungen Neuzugänge David Tulchynsky (4. P., Platz 16) und Mark Tulchynsky (2. P., Platz 21) sammelten wertvolle Erfahrungen für die anstehenden Bezirksmeisterschaften. Unser Trainingsgast Adrian Hoke (GW Parensen) konnte sich als siebter mit 5,5 Punkten den Jugendpreis einverleiben. Auf der Bovender Webseite gibt es die Abschlußtabelle. Es folgen noch einige Fotos.
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