Ein höchst erfreulicher Besuch war mein Gang in das Stadtmuseum von Halle (Saale). Das Problem, den Betrachter mit zuviel Text zu überfordern, hat man dort intelligent gelöst. Zum Ticket bekommt man ein Heft, in dem die Objekte der stadtgeschichtlichen Sammlung mit zusätzlichem Text besprochen werden – natürlich sind nur wenige davon abgebildet. Auf diese Weise kann man in der Ausstellung selbst Text auf das nötigste reduzieren und es dem Betrachter überlassen, wo er länger verweilen will. Zudem ist auch die stadtgeschichtliche Sammlung nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet, was nach meinem Eindruck die Aufnahhmefähigkeit verbessert. Neben den üblichen Themen einer solchen Ausstellung wie die Siedlungsentwicklung und die ortsansässige Wirtschaft werden auch auch Reisen besprochen. Da Halle Universitätsstadt ist, gab es auch schon im 19. Jahrhundert Fernreisen Hallenser Bürger nach Übersee. Zudem sind die Ferien von DDR-Bürgern in die sozialistischen Bruderstaaten ein interessantes Thema.
Halle und das nahegelegene Leipzig (die Stadt der Buchmesse!) waren ein wichtiges Zentrum der Aufklärung in Deutschland. Die Positionen Hallenser Aufklärer wie der unter Atheismusverdacht stehende Philosoph Christian Wolff (in dessen Wohnhaus das Museum untergebracht ist) und ihrer Antipoden wie z. B. dem pietistischen Theologen August Hermann Francke, der ein ganzes Quartier aus Schulen und Waisenhäusern in Halle gründete, werden im Stile eine papiernen Puppentheaters des 18. Jahrhunderts in einem eigenen Bereich dargestellt. Notwendigerweise müssen ihre Positionen dabei sehr kursorisch bleiben, aber auch diese Lösung fand ich gut geglückt. Zudem gab es eine interessante Sonderausstellung über den städtischen Knabenchor (Stadtsingechor). Auch wenn er nicht so bekannt ist wie die Thomaner oder der Kreuzchor, so hat er doch eine Jahrhunderte alte Tradition. Man hatte Soundduschen aufgestellt, unter denen man sich von der Leistungsfähigkeit überzeugen konnte. Allerdings hätte es sehr lange gedauert, sich alles anzuhören.
Der Besuch im Stadtmuseum wäre der sehr erfreuliche Auftakt eines Aufenthalts in Halle gewesen. Ich war für die Deutsche Pokal-Einzelmeisterschaft im Schach qualifiziert, was ein Höhepunkt meiner Schachkarriere gewesen wäre. Auch die Himmelsscheibe von Nebra habe ich noch nicht im Original gesehen, da sie noch nicht entdeckt war, als ich für das Landesmuseum für Vorgeschichte gearbeitet habe. Und als Göttinger stand natürlich auch das Händel-Haus auf dem Programm. Leider stürzte ich über eine Stolperfalle in der Fußgängerzone (?!?) und mußte nach einer Nacht im Krankenhaus wieder abreisen.
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