Die letzten Tage des Jahres verbrachte ich wieder beim Schachtürken-Cup im Heinz-Nixdorf-Forum Paderborn, dem größten Computermuseum der Welt. Das lohnte sich dieses Jahr doppelt, denn es gab eine interessante Sonderausstellung zu Frauen in der Informatik anläßlich des 200. Geburtstages der ersten Programmierin
Ada Lovelace (Besprechung folgt noch). Letztes Jahr hatte ich ganz ordentlich gespielt. Damals wurde erstmals mit der FIDE-Bedenkzeit (90 Minuten für 40 Züge, 15 Minuten Verlängerung und 30 Sekunden Bonus ab dem ersten Zug) und der Drei-Punkte-Regel gespielt. Offenbar hat sich das in den Augen der Verantwortlichen bewährt, denn man beließ es bei dieser Regelung. Da das Turnier in A- und B-Open geteilt ist, war klar, daß es auch nach Niederlagen keine schwachen Gegner gibt.
In der ersten Runde traf ich auf FM Thomas Michalczak vom vielfachen deutschen Mannschaftsmeister Schachgesellschaft Solingen e.V.. Ich landete in einer sehr scharfen Stellung, die ich mir noch nie angesehen hatte. Trotzdem wurde es eine sehr spannende Partie, die ich erst kurz vor der Zeitkontrolle einstellte. Immerhin folgte eine sehr amüsante Analyse.
Die zweite Runde verlief ziemlich enttäuschend. Gegen Jürgen Hein (Schachverein Wiehl 1923 e.V.) vernichtete ich meine ohnehin nicht sehr großen Vorteilschancen durch einen reichlich blöden Zug und willigte früh ins Remis ein.
Die dritte Runde brachte Noah Levin Neudorf vom LSV/Turm Lippstadt. Seine Behandlung einer Stonewallstruktur war nicht übermäßig überzeugend. Trotz eines Wacklers zum Schluß konnte ich die Partie recht überzeugend gewinnen.
Der nächste Gegner war dann FM Jobst Rüberg (Schachverein Ahlen 1954 e.V.). Diese Partie verlief recht kurios. Mein Gegner erlangte trotz zurückhaltender Eröffnungswahl schnell Vorteil. Ich versuchte mich einzubunkern. Eigentlich wartete ich lange Zeit nur auf den Totschlag. Der aber kam nicht. Irgendwann war die Zeit aufgebraucht, und mein Gegner bot Remis.
Wenn man so etwas mit Computer analysiert, neigen die übrigens dazu, den Vorteil im Suchbaum vor sich herzuschieben, ohne dabei die Stellung entscheidend zu verändern.
Gegen Andreas Seipel (Schachklub Königsspringer Wewelsburg) hatte ich bei der Auflage 2012 einmal eine Kurzpartie gewonnen, als ich aus einer schlechten Position heraus haarsträubende Entwicklungen entfachte und nach der folgenden beidseitigen Fehlerorgie war die Partie plötzlich vorbei. Diesmal war meine Eröffnungsbehandlung nicht so offensichtlich schlecht, aber die heimische Durchsicht mit dem Computer war wiederum sehr ernüchternd. Bei knapper Zeit wagte ich eine Kombination, die sich tatsächlich als gewinnbringend erwies. Als beispielgebender Sportsmann konnte sich auch mein Gegner daran erfreuen.
Gegen Ingo Thomas (Krefelder Schachklub Turm 1851 e.V.) erreichte ich – wie so häufig – als Weißer nicht viel. Die wesentliche Chance, die Partie aus dem Gleichgewicht zu bringen, lag bei ihm, und ich kann von Glück sagen, daß er sie nicht nutzte.
Vor der letzten Runde hatte ich +1 gegen einen guten Gegnerschnitt und wäre auch mit dem Turnier zufrieden gewesen, wenn ich nun verloren hätte. Aber es kam noch besser. Dominik Plaßmann (Gütersloher Schachverein von 1923 e.V.), der nach starkem Beginn noch in der fünften Runde gegen GM Henrik Teske verloren hatte, wählte ausgerechnet die Variante, mit der ich zwei Monate zuvor beim Korbacher Open gegen Uwe Kersten chancenlos verloren hatte. Glücklicherweise hatte mir Uwe danach erklärt, wie man sie richtig behandelt. Danke, Uwe! So erzielte ich als Schwarzer sogar leichen Vorteil. Im Bemühen, einen Angriff zu inszenieren, übersah mein Gegner dann einen Qualitätsverlust. Und obwohl ich bei knapper Zeit das Endspiel viel zu umständlich spielte, konnte ich gewinnen.
Dieser Sieg spülte mich weit nach oben und ich ahnte, daß ich zur Siegerehrung bleiben müßte. Tatsächlich wurde ich für den Ratingpreis < 2000 aufgerufen. Damit hatte ich nach den Ergebnissen der letzten Zeit wirklich nicht gerechnet.
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